Nervensystem-Dysregulation & Trauma-Erschöpfung: Du bist nicht faul – du bist dysreguliert

Rebecca Rinnert
11. Aug.
3 Min. Lesezeit

Visual contrast between emotional exhaustion and nervous system dysregulation

Wenn Schlaf keine Erholung bringt, versucht dein Nervensystem dich zu schützen.

Kennst du Gedanken wie:„Warum bin ich so müde – obwohl ich schlafe?“„Warum kann ich mich nicht konzentrieren?“„Was stimmt nicht mit mir – bin ich einfach faul?“

Wenn ja: Stopp. Atme tief durch.Es könnte sein, dass du unter einer Erschöpfung durch ein dysreguliertes Nervensystem leidest – und das ist nicht deine Schuld.

In diesem Artikel erfährst du, was das bedeutet, wie es sich von einem klassischen Burnout unterscheidet und wie du deinem Körper helfen kannst, wieder in die Regulation zu kommen.

Was ist eine Nervensystem-Dysregulation?

Bei einer Nervensystem-Dysregulation bleibt dein Körper im Überlebensmodus hängen – selbst wenn keine akute Gefahr mehr besteht.

Du fühlst dich permanent erschöpft, überfordert, gereizt oder emotional taub. Nicht, weil du etwas falsch machst – sondern weil dein Nervensystem versucht, dich zu schützen.

Dein autonomes Nervensystem (ANS) reagiert auf dauerhaften Stress oder Trauma, indem es entweder in Alarmbereitschaft (Kampf/Flucht) oder in einen Totstellmodus (Freeze) wechselt – und genau dort kann es festhängen.

Burnout vs. Trauma-Erschöpfung – was ist der Unterschied?

Viele verwechseln einen klassischen Burnout mit Nervensystem-Dysregulation. Hier eine Gegenüberstellung:

Burnout	Nervensystem-Dysregulation
Durch chronischen Arbeitsstress	Durch Trauma oder Dauerstress ausgelöst
Bessert sich mit Ruhepausen	Geht durch Schlaf & Urlaub nicht weg
Du funktionierst weiter (schlecht)	Du brichst zusammen oder „frierst ein“
Emotionale Erschöpfung + Zynismus	Gefühl von Taubheit, Angst, Nebel

Wenn Ruhe dir nicht hilft und du dich trotzdem ständig erschöpft fühlst, könnte dein Körper im Freeze-Zustand festsitzen.

Watercolor infographic showing symptoms of trauma fatigue and freeze response.

8 Anzeichen für eine Nervensystem-Erschöpfung

Hier sind typische Symptome einer Nervensystem-Überlastung, die oft fälschlich als Faulheit interpretiert werden:

1. Ständige Müdigkeit trotz SchlafDu schläfst – und wachst trotzdem wie gerädert auf.

2. Konzentrationsprobleme & GehirnnebelDu vergisst Dinge, findest keine Worte, kannst dich kaum fokussieren.

3. Erstarrung („Freeze“) in StressmomentenDu willst etwas tun – aber dein Körper blockiert.

4. Kleinste Aufgaben überfordern dichEine E-Mail schreiben? Unerreichbar. Waschen? Zu viel.

5. Hohe ReizempfindlichkeitGeräusche, Licht oder Berührungen fühlen sich „zu viel“ an.

6. Emotionale TaubheitDu fühlst dich leer, distanziert oder wie betäubt.

7. Magen-Darm-Probleme oder AutoimmunreaktionenDein Körper spricht – mit Entzündungen, Schmerzen, Unverträglichkeiten.

8. Unerklärliche AngstzuständePanik kommt „aus dem Nichts“, dein Herz rast ohne sichtbaren Grund.

Warum passiert das? Die Rolle der Freeze-Reaktion

Die Freeze-Reaktion ist ein uraltes Überlebensmuster: Wenn Kampf oder Flucht nicht möglich sind, „friert“ der Körper ein.

Diese Reaktion rettet Leben – aber sie kann sich auch verselbstständigen.Wenn du chronischem Stress oder Trauma ausgesetzt warst, kann dein Körper diesen Zustand beibehalten, auch wenn keine Gefahr mehr besteht.

Du bist nicht kaputt.Dein Nervensystem hat sich angepasst – und jetzt braucht es Unterstützung, um sich neu zu regulieren.

Somatische Heilung: Der Körper führt den Weg

Heilung passiert nicht (nur) im Kopf. Sondern durch den Körper.Somatische Methoden helfen dir, wieder in Verbindung mit deinem Körper zu kommen und Sicherheit zu spüren.

Körperbasierte Ansätze zur Regulation:

Somatic Experiencing (SE) – hilft, gespeicherte Überlebensenergie sanft zu entladen
Atemarbeit – reguliert dein Nervensystem direkt über den Vagusnerv
TRE (Tension & Trauma Releasing Exercises) – aktiviert natürliche Entladungsmechanismen
Erdende Reize – z. B. Barfußlaufen, ein warmer Tee, ein Gewicht auf der Brust
Co-Regulation – Kontakt zu sicheren Menschen beruhigt dein Nervensystem

Heilung heißt nicht, nie mehr gestresst zu sein – sondern wieder durch Stress hindurchfließen zu können.

Woman using somatic tools like breathwork and grounding to regulate her nervous system

Du bist nicht faul – du hast zu lange durchgehalten.

Vielleicht hast du jahrelang „funktioniert“, obwohl dein System längst aufgeben wollte.Vielleicht hast du dir nie erlaubt, wirklich müde zu sein.

Doch dein Körper lügt nicht. Und es ist Zeit, ihm zuzuhören.

Mit der richtigen Unterstützung kannst du aus dem Überlebensmodus wieder ins Leben zurückfinden.

Häufige Fragen

Ist das das Gleiche wie chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS)?

Nicht ganz. Es gibt Überschneidungen, aber Nervensystem-Fatigue ist eher funktionell und oft stress- oder traumasensitiv. Bitte mit Ärzt:innen abklären.

Kann ich das alleine heilen?

Viele beginnen mit einfachen, täglichen Tools – wie Atemübungen oder Erdung. Eine Begleitung durch körperorientierte Therapie kann tiefergehende Veränderungen unterstützen.

Wie lange dauert die Heilung?

Das ist individuell. Viele spüren erste Veränderungen nach wenigen Wochen, andere brauchen Monate. Wichtig: Es ist keine lineare Reise – und du darfst dir Zeit nehmen.